7 Häufige Fehler, Die Jeder In Tiefengrund Macht
Der Wohnungsschimmel ist ein echter Asket. Wenn er sich seelenruhig auf den Innenwänden ausbreitet, macht er den Eindruck, als würde er zum Leben nicht viel mehr brauchen als Luft. Und tatsächlich: Er benötigt zwar Kohlen- und Stickstoffverbindungen, doch die holt er sich einfach aus Tapetenpapier und -kleister oder bei einem untapeziertem Raum von den feuchten Handabdrücken, die Menschen auf dem Mörtel hinterlassen haben.
Neben Bescheidenheit zeigt der Pilz aber auch noch die Hartnäckigkeit eines Asketen: Seine Fäden verhaken sich so intensiv mit den porösen Wänden, dass man ihn nicht einfach wegfegen kann. Der Hausschimmel braucht also nicht viel zu seinem Glück, zudem zeigt er starke Tendenzen, sich als Dauergast einzunisten – und dieser Trend hat deutlich zugenommen.
Laut Stiftung Warentest leben die mykotischen Mitbewohner bereits in jedem zweiten deutschen Haushalt, und der Mikrobiologe Axel Schmidt von der Universität Witten-Herdecke würde sogar noch weitergehen: „Wenn man genau hinschaut, wird man wohl in jedem Haushalt irgendwo welche finden.“
Der Grund für diese Epidemie: Der Mensch wohnt heute viel perfekter als noch vor 30 Jahren. So schickt er jetzt erheblich mehr Feuchtigkeit durch die Räume, weil er öfter duscht, und die Zimmer werden auf T-Shirt-Temperaturen hochgeheizt.
Problematisch ist aber auch, dass der Innenraum im Bestreben nach Energieersparnis und Lärmschutz geradezu hermetisch von außen abgeschottet wird. „In Studien hat man tatsächlich Wohnungen gefunden, deren Fenster- und Türenabdichtung derart gut war, dass der Luftdruck beim Aufpumpen durch eine Spezialtür immer weiter anstieg“, berichtet Schmidt.
Zum pilzfördernden Perfektionismus heutiger Zeiten gehört auch, dass man sich oft extrem um die Akkuratesse des Mobiliars bemüht. „Die Schränke und Bilder werden bis auf Knirschnähe an die Wände herangerückt, sodass eine Luftzirkulation hinter ihnen praktisch unmöglich wird“, beklagt Schmidt. Auf diese Weise bilde sich dort ein feucht-warmes Milieu, das für den Wohnungsschimmel geradezu ideale Lebensbedingungen bietet.
Wobei es durchaus Schimmelarten gibt, die noch unter Minustemperaturen gedeihen, und eine Penicillium-Spezies wächst sogar noch in einer 40-prozentigen Kupfersulfatlösung, die normalerweise – unter dem Namen „Bordeauxbrühe“ – als Fungizid im Weinbau eingesetzt wird.
Einig sind sich alle Innenraumpilze in ihrem Bedürfnis nach viel Wandfeuchtigkeit, nämlich mindestens 65, am besten aber 85 bis 95 Prozent.
Und die bilden sich beispielsweise, wenn der Schlagregen an die Außenwand prasselt und ins Innere drückt. Oder bei Neubauten, wenn die Restfeuchtigkeit im Zement oder Mörtel noch abdampfen muss.
Der bedeutsamste Nässeerzeuger ist jedoch die Temperaturdifferenz. So führen im Winter niedrige Außen- und höhere Innentemperaturen schnell zum Tauwasserausfall an den Innenwänden.
Doch auch ein Temperaturgefälle innerhalb der Wohnung kann problematisch sein. „Im Schlafzimmer ist es oft besonders kühl, sodass dort bevorzugt der Wasserdampf aus Küche, Bad und Wohnzimmer kondensiert und für feuchte Wände sorgt“, warnt Klaus Sedlbauer vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Deswegen finde man dort relativ häufig Schimmelpilze.
Der schmutzig-dunkle Pilzbelag an der Wand ist nicht nur ästhetisch, sondern auch gesundheitlich ein Problem. Seine Sporen gelangen je nach Pilzart unterschiedlich tief in die Atemwege, wo sie zu Allergien und bei immunschwachen Menschen auch zu schweren Infektionen führen können.
Am Ende kann es zu einer Entzündung der Lungenbläschen und einer Lungenversteifung kommen: die Fibrose. „In Niedersachsen verstarb ein Pfarrer, in dessen doppelt und dreifach wärmegedämmten Reetdachhaus sich der Schimmel breitgemacht hatte – seine Lungen hatten sich weitgehend zu Bindegewebe verwandelt“, berichtet Schmidt.
Etwa fünf Prozent der Menschen reagieren nach heutigem Kenntnisstand sensibel auf Schimmelpilze. Bei Menschen mit erhöhter Allergieneigung (Atopie) liegt die Quote sogar bei 30 Prozent. Hinzu kommen die psychischen Belastungen: Wer in einem muffigen Zimmer mit schmutzig-verpilzten Wänden leben muss, fühlt sich dort auch ohne Allergie ziemlich unwohl.
Gründe genug also, sich zügig von dem unerwünschten Mitbewohner zu trennen. Doch das ist gar nicht so einfach. Die Wirkung der herkömmlichen Fungizide ist zeitlich und räumlich begrenzt. Meist kehrt der Pilz bald zurück. „Am besten ist: Tapete runter, ein neuer Tiefengrund und dann frisch tapezieren“, so Schmidt. Und dann müssten natürlich die Bedingungen, die den Schimmel begünstigen, verändert werden.
Dazu gehört, die Wände nicht mit Bildern und Möbeln abzudecken – und wenn, dann sollte dies mit einem Abstand von mindestens zehn Zentimetern geschehen. Für Bilder gibt es mittlerweile entsprechende Abstandhalter, während man bei Möbeln nicht nur die Wanddistanz, sondern auch die Distanz zum Boden beachten sollte, um die vertikale Lüftung zu gewährleisten: Omas Möbel mit ihren Füßchen hatten lüftungstechnisch durchaus ihren Sinn.
Was die Raumlüftung angeht, hatten die alten, schlecht dichtenden Fenster den Vorteil, für einen dauernden Luftaustausch zu sorgen – doch die gibt es ja immer seltener. In Zeiten moderner Verglasungen ist daher das Stoßlüften angezeigt: Mindestens zwei, besser drei Mal am Tag für etwa zehn Minuten. Es sollten gleich die Fenster in mehreren Zimmern geöffnet werden, damit in der ganzen Wohnung die feuchte Innenraumluft durch trockene Außenluft ersetzt wird.
Wobei dieser Effekt nur dann eintritt, wenn es draußen kälter ist. Wer dagegen im Sommer tagsüber lüftet, lässt warme Luft hinein, die ihre Feuchtigkeit gleich wieder an die vergleichsweise kälteren Wände abgibt. Hier empfiehlt sich also das Lüften während einer kühlen Nacht.
Wer immer wieder Schimmelprobleme hat, sollte überlegen, ob er über dem Heizkörper im Schlafzimmer nicht eine Eintrittsöffnung für die Außenluft und im Badezimmer einen Absaugventilator installiert, um für eine – weitgehend unbemerkte – Permanentbelüftung zu sorgen. Das klappt indes nur, wenn die Zimmertüren immer etwas geöffnet sind.
Lästige Schimmelflecken an den Wänden lassen sich mit hochprozentigem Alkohol bekämpfen. Wichtig ist es, danach gut zu lüften und kein Feuer anzuzünden.
Quelle: Die Welt
Ansonsten hilft es, die Heizung nachts oder bei Abwesenheit nicht ganz abzudrehen, um ein Auskühlen der Wohnungsaußenwände zu verhindern. Denn wenn dies geschieht, treten beim Aufheizen der Wohnung genau die Temperaturdifferenzen und Tauwasserbildungen auf, die dem Schimmel gefallen. Außerdem vermag nur eine warme und trockene Wand ihre optimale Wärmedämmwirkung zu entfalten. Manchmal passen eben Energiesparen und Schimmelschutz doch zusammen.
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